DER KONSUM VON DROGEN HAT NACHTEILIGE AUSWIRKUNGEN AUF DIE SPERMIENBILDUNG UND DIE MÄNNLICHE FRUCHTBARKEIT

Die Studie über die möglichen positiven Auswirkungen von Marihuana auf das Sperma sollte mit Bedacht interpretiert werden.


Im Laufe der Jahre ergaben mehrfache Studien die nachteiligen Auswirkungen von Cannabis- und Marihuana-Konsum auf die Spermienbildung, sowie bei Tieren als auch beim Menschen, und demnach der männlichen Fertilität.

Nichtsdestotrotz verbreitet sich in den Medien in den letzten Tagen die Nachricht über die möglichen positiven Auswirkungen von Marihuana auf das Sperma. Die Studie wurde in der Harvard T.H. Chan School of Public Health, einer öffentlichen Schule für Gesundheit der Universität Harvard in Boston (Massachusetts, USA), durchgeführt und in der angesehenen Zeitschrift “International Human Reproduction” veröffentlicht.

Die Meinung von Herrn Dr. Ruíz Jorro, Co-Direktor in CREA (Centro de Reproducción Asistida in Valencia) diesbezüglich lautet: “Die aufgeführte Studie ist mit Vorsicht zu interpretieren, da die beobachteten Ergebnisse von einer bestimmten Patientengruppe stammen, welche sich zur Unfruchtbarkeit beraten ließen und sich einer Umfrage über ihren gewohnheitsmäßigen Konsum von illegalen Drogen (darunter Marihuana und Kokain) unterzogen haben. Beim Vergleich der Ergebnisse der Spermaanalyse stellte man fest, dass Patienten, die bei der Befragung den Drogenkonsum bestätigten oder Marihuana in der Vergangenheit zu sich genommen hatten, eine höhere Spermienkonzentration aufwiesen. Man kann dies so interpretieren, dass das Rauchen von Marihuana das Sperma und die Fertilität des Mannes verbessert. Das würde auch heißen, dass die gewonnenen Ergebnisse die so vielen Studien über die verheerenden Folgen von Marihuana auf das Sperma in Frage stellen.
Ohne Zweifel haben auch diese Studien ähnliche oder sogar häufigere wissenschaftliche Rückstöße erhalten. Sie wurden ebenso in Zeitschriften internationalen Rahmens veröffentlicht, konnten jedoch nicht die gleiche Medienaufmerksamkeit erzielen. Die Zustimmung, dass der Konsum von Marihuana das Sperma verbessern kann, scheint ohne Frage ein Durchbruch zu sein.”

Als mögliche Erklärung für das beobachtete paradoxe Studienergebnis dieser wissenschaftlichen Gruppe schildern die Autoren Folgendes. Die Datenanalyse ergab bei Patienten ohne je zuvor konsumiertem Marihuana niedrigere Testosteronwerte als bei Patienten, die bereits schon einmal mit der Droge in Kontakt kamen. Erhöhte endogene Testosteronwerte stehen in unmittelbarem Verhältnis mit einer höheren Spermienanzahl. “Dieser kausale Zusammenhang könnte eine Erklärung für die beobachtete höhere Spermienanzahl bei dieser Patientengruppe sein. Diese Gruppe wies auch einen höheren Tabak- und Alkoholkonsum auf, ein Konsum, der bewiesenermaßen im Zusammenhang mit einem schlechterem reproduktiven Potential beim Mann steht”, lautet die Aussage vom Arzt.

Eine weitere Einschränkung der Studie stellt die Tatsache dar, dass der Marihuana-Konsum oder Nichtkonsum nicht durch eine Blutanalyse oder Analyse andere Körperflüssigkeiten bestimmt wurde. Die verwendeten Daten stammen lediglich aus einer Umfrage, in der die Patienten eine freiwillige Aussage über den regelmäßigen oder gelegentlichen Marihuana-Konsum treffen konnten. Der Arzt erklärt: “Zudem sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der Marihuana-Konsum illegal im Bezirk der Umfrage ist und folglich deren Konsum den medizinischen Versicherungsschutz gefährden kann. Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass durchaus einige der Patienten den Konsum in der Umfrage nicht erwähnten.” Er fügt hinzu: “Das soll nicht bedeuten, dass die Studienergebnisse falsch sind oder ein geringes wissenschaftliches Interesse aufwerfen. Es ist wichtig zu wissen, wie die Ergebnisse richtig auszuwerten sind und, dass es sich um Ergebnisse handelt, welche von einer spezifischen Bevölkerungsgruppe stammen. Sie können demnach nicht ohne Weiteres auf die Allgemeinbevölkerung hochgerechnet werden.”

Vielzählige Studien, unter ihnen einige aktuellen Datums, haben die nachteiligen Auswirkungen von Cannabis und deren Derivate auf die Spermienbildung und männliche Fruchtbarkeit erwiesen. Auch die genetische Spermieninformation kann davon betroffen sein. Die Konsequenzen beschränken sich demzufolge nicht nur auf den Mann, sie können sich möglicherweise auch auf seinen Nachwuchs auswirken. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf neurologischer Ebene zu erwähnen. Das Gleiche gilt für den Alkohol- und Tabakmissbrauch. Dieser kann nicht nur die Ursache diverser schwerer Krankheiten sein, sondern auch die Fruchtbarkeit betreffen und negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Nachkommen zeigen. Grund dafür ist die veränderte DNA-Integrität der Spermien.

Viele andere Studien hingegen schlussfolgerten, dass eine ausgewogene Ernährung und gesunde Lebensweise die Spermienqualität und das reproduktive Potential des Mannes verbessern.

Frau Dr. Minerva Ferrer, wissenschaftliche Direktorin in CREA und Mitarbeiterin in durchgeführten Studien über die Auswirkungen in-vitro von Cannabis auf die Spermien, ist der Meinung: ”Verallgemeinernd zu verbreiten, dass der Marihuana-Konsum das Sperma verbessert, wie man es fälschlicherweise den Schlüssen einer konkreten Studie ableiten könnte, kann nicht nur einen falschen Gedanken aufwerfen, sondern nachteilige Auswirkungen auf die Bevölkerung haben. Insbesondere bei Patienten mit Nachwuchsplanung. Mit dieser Aussage wenden wir uns nicht nur an Patienten mit Unfruchtbarkeitsproblemen, sondern auch an mögliche Kandidaten als Samenspender.”

Als Zentrum für Reproduktion mit Focus auf die Andrologie, empfiehlt CREA bei Unfruchtbarkeitsproblemen eine ebenso umfangreiche Studie des Mannes, um jegliche Faktoren zu identifizieren und zu behandeln, welche die Schwangerschaftsprognose oder Gesundheit der Nachkommen beeinflussen könnten. Abgesehen von einer Spermaanalyse, sollte eine ausführliche Anamnese durchgeführt werden. In besonderen Fällen sollte eine Reihe an ergänzenden Untersuchungen erfolgen, welche Aussage darüber trifft, wie man die Spermaqualität verbessern und die Spermienanzahl erhöhen kann.

“Eine gesunde Lebensweise und ausgewogene Ernährung im Allgemeinen könnten die Erwartungen verbessern. Das Wichtigste jedoch ist zweifellos eine individuelle Einschätzung jedes einzelnen Falles”, fasst Herr Dr. Juíz Jorro zusammen.